Bringing Out the Dead

Travis

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Gesamtübersicht aller Kritiken zu Bringing Out the Dead:

#02 02.12.08 Vince
 
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Travis

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AW: Bringing Out the Dead

Kritik von Vince

BRINGING OUT THE DEAD - NÄCHTE DER ERINNERUNG
Ausschnitte aus meiner ofdb-Kritik

Die hektische Begleitung eines Notarztes durch die tiefschwarze Nacht ist eine unübersehbare Rückbesinnung an alte Zeiten, als Travis Bickle in seinem Taxi auf Tour ging. Paul Schraders erneutes Mitwirken als Drehbuchautor nach “Taxi Driver”, “Wie ein wilder Stier” und “Die letzte Versuchung Christi” macht sich bemerkbar. Nicolas Cage ist als desillusionierter Krankenwagenfahrer das Medium in “Bringing Out The Dead”. Egoperspektiven von der Fahrt durch die blauroten, von den Sirenen beleuchteten Hintergassen New Yorks wechseln sich ab mit Close Ups von Cages triumphal gesteuerter Mimik, die ein Gefühl davon vermittelt, dass sich Cages Figur irgendwo auf der Schwelle befindet zwischen dem idealistischen Greenhorn und dem alten Hasen, der die Hoffnung verloren hat - und die folgenden Nächte werden das Zünglein an der Waage sein.

Die dringendste Frage, die sich stellt, lautet: Ist “Bringing Out The Dead” wirklich nichts weiter als die Übertragung von “Taxi Driver” ins Krankenhausmilieu? Der Blick auf die Stadt ist absolut identisch, die Erkenntnisse beider Figuren gleichen sich im Ansatz ebenfalls bis aufs Haar: Nutten, die man nicht mehr von Fußgängerinnen unterscheiden kann, verrückte alte Männer, die sich jede Nacht vollaufen lassen und einscheißen, bis der Krankenwagen kommen muss, Schwarze, die sich mitten auf der Straße gegenseitig niederschießen und Psychisch Kranke, die in den Gassen abhängen und Autoscheiben einschlagen, weil selbst die Gefängnisse und Anstalten sie nicht haben wollen. Wir stellen objektiv fest: Die Welt ist in dieser Hemisphäre ein hoffnungsloser Sündenpfuhl.
Doch im Gegensatz zu Travis Bickle sträubt sich der Sanitäter dagegen, etwas zu unternehmen. Bickle war ein Einzelgänger, der sich selbst aufstachelte - er agierte im Angesicht seiner Umwelt. Frank hingegen reagiert, weil er von seiner Umwelt nicht in Ruhe gelassen wird - sie brüllt ihn voll mit Signalen, zwingt ihn zum Handeln, während er, tiefschwarze Ringe unter den Augen, einfach nur schlafen will. Doch der Peeper meldet sich zu Wort, die Kollegen sind voller Ehrgeiz, der Chef sträubt sich gegen eine Entlassung Franks... es ist nicht seine Entscheidung.

Grundsätzlich kann man “Bringing Out The Dead” willig über sich ergehen lassen wie ein gewaltiger Sturm, der mit Getöse über einen hinwegrollt. Die gebotene Perspektive fasziniert bis ins Mark und Bein, es handelt sich um ein absolut dichtes Werk voller Atmosphäre, das gleichermaßen anklagt wie Verständnis zeigt und die Stadt gnadenlos aufdeckt mit all ihren dunklen Seiten, die so alt sein müssen wie der Urschlamm, aus dem sich Amerika formte (ein Thema, dessen sich Scorsese gleich als nächstes mit “Gangs of New York” annahm). Insofern ein unter Wert verkauftes Stück Filmgeschichte, von dem man allerdings das Gegenteil behaupten müsste, würde es umjubelt werden wie “Taxi Driver”.
(noch) 8/10
 

Travis

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AW: Bringing Out the Dead

Danke. Eine phantastische Kritik, der ich mich ohne jegliches wenn und aber anschließe. All das was man zu diesem Film sagen kann und muß, hast du allein in deiner für unsere Zwecke auf das Optimum gekürzten ofdb-Kritik prägnant auf den Punkt gebracht. Ehrensache, daß ich bei diesem Film auch gleich deine ofdb-Kritik verschlungen habe. Was ich, um ganz ehrlich zu sein, nur in besonderen Fällen machen - wie eben in diesem hier.

All deine Quervergleiche zu der Verfilmung meiner Historie (
wink.gif
) passen auf das i-Tüpfelchen genau. Ich habe einen sehr guten Freund, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Krankenwagenfahrer in einer stellenwertig etwa vergleichbaren Position wie Cage im Film war. Ihm habe ich seinerzeit den Film mit etwa jenen Anmerkungen und Quervergleichen zu "Taxi Driver" in die Hand gedrückt, wie du sie jetzt auch verwendet hast. Hinterher bekam ich von ihm, neben dem Dank ihn auf den Film aufmerksam gemacht zu haben, ein ziemlich langes Referat über das Burn-Out-Syndrome bei Rettungssanitätern und deren tiefergehende Folgen.

Für mich persönlich war die erste halbe Stunde des Films nahezu körperlich unerträglich. Da ich eine regelrechte Phobie vor Krankenhäusern und allem was damit zusammenhängt habe, konnte ich phasenweise kaum hinschauen. Allein der Gedanke, jemals in einer körperlich hilflosen Situation in eine derartige Notaufnahme eingeliefert zu werden, versetzte mich in helle Panik. "Bringing Out The Dead" ist mit Sicherheit einer jener seltenen Filme, der auf fast jeden Betrachter eine in Nuancen völlig andere Empfindsamkeit ansprechen wird - was allein schon eine große Leistung ist.
 

King-of-Leon

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Bringing out the dead

Wow, vorhin im Fernsehen dran hängen geblieben. Noch nie was davon gehört und jetzt im Nachhinein erst gesehen, dass der Regisseur Martin Scorcese heißt.

Ganz toller Film mit einem Nicholas Cage in Topform. Da sieht man mal wieder, dass er mit den richtigen Rollen einer der besten Schauspieler ist. Schade, dass er heute nur noch in mist mitspielt.

Zum Film: ganz viel Drama, viel Witz und hypnotische Aufnahmen vom nächtlichen New York. Ich war total mitgerissen. Ein klarer Geheimtipp!
9.0/10
 
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Tarantino1980

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Ganz toller Film mit einem Nicholas Cage in Topform. Da sieht man mal wieder, dass er mit den richtigen Rollen einer der besten Schauspieler ist. Schade, dass er heute nur noch in mist mitspielt.

Die damaligen Filme mit Nicolas Cage waren wirklich richtig gut. Er kann schauspielerin, aber irgendwann fing er leider an in zuvielen Filmen mitzuspielen und man gewann den Eindruck, seine Rollenwahl wäre nicht mehr dieselbe und er hat einfach nur wahllos in irgendwelchen Produktionen mitgespielt, solange die Gage passte.

Zum Film: ganz viel Drama, viel Witz und hypnotische Aufnahmen vom nächtlichen New York. Ich war total mitgerissen. Ein klarer Geheimtipp!
9.0/10

Die Atmosphäre und Stimmung des Filmes ist wirklich genial. Ich mag ihn sehr!

Komischer Weise war damals dieser Film auch sehr an der Öffentlichkeit vorbeigegangen. Ich hatte ihn mir damals einmal aus der Videothek ausgeliehen wegen Nicolas Cage. Erst beim Ansehen habe ich gesehen das auch Martin Scorsese verantwortlich für diesen tollen Film ist. Nachdem ich ihn aus dem Verleih gesehen habe, habe ich ihn mir natürlich sofort in die Sammlung gestellt. Seitdem habe ich ihn bestimmt noch zweimal gesehen, allerdings ist die letzte Sichtung schon etwas länger her, daher werde ich mich nochmal hier ausführlicher melden, sobal ich ihn erneut gesehen habe.
 
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