The Village - Das Dorf

LivingDead

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The Village – Das Dorf


M. Night Shyamalan ist wohl der am meisten unterschätzte, bzw. missverstandene Regisseur der Gegenwart. Nach seinem schier unfassbaren Erfolg „The Sixth Sense“ baute er sich innerhalb kürzester Zeit eine riesige Fangemeinde auf, die schon sehnlich auf sein Nachfolgewerk wartete - und die Erwartungen waren hoch; anscheinend zu hoch; denn leider konnte Shyamalan einen Großteil seiner Fans nicht zufrieden stellen. Woran hat’s gelegen? Mit dem Film „Unbreakable“ schlug Shyamalan eine komplett andere Richtung ein. Zwar war wieder einmal Bruce Willis mit an Bord, doch der Comicaspekt wurde von vielen Leuten missverstanden – die regietechnische, erzählende und symbolhafte Perfektion, die Shyamalan erzeugte, fand dabei kaum Beachtung. Auch mit den Nachfolgewerken „Signs“ und „The Village“ konnte er nicht an den alten Erfolg anknüpfen.

„The Village“ stellt dabei seinen bis dato ungewöhnlichsten Film dar, denn der mystische Aspekt – der zwar durchaus vorhanden ist – nimmt hier einen eher hintergründigen Stellenwert ein. Shyamalan konzentriert sich vielmehr auf die Figurenkonstellationen und deren Dasein im Wald; abseits aller zivilen Einflüsse. Und dennoch macht er uns schon gleich zu Beginn des Filmes klar, dass trotz der augenscheinlichen Friedlichkeit und der Ruhe, eine dauernde Bedrohung - ausgehend von den Wäldern - besteht. Was genau es damit auf sich hat, bleibt zunächst unklar. Shyamalan nimmt sich wieder einmal sehr viel Zeit, um Stück für Stück die ganze Totalität der Geschichte aufzuzeigen.

Die handwerkliche Perfektion Shyamalans ist in jeder Szene spürbar; seien es die beeindruckenden und zugleich beängstigenden Aufnahmen der Wälder; oder das verstörende Auftauchen der „Kreaturen“. Alles 1A in Szene gesetzt, und perfekt untermalt von dem grandiosen Score von James Newton Howard („The Sixth Sense“; „King Kong“).
Die auf den ersten Blick sehr linear und durchsichtig wirkende Geschichte, schlägt dann ab der Mitte Haken wie ein Fisch: Aus dem Gruselmär wird plötzlich eine dramatische Liebesgeschichte; später ein Verschwörungsthriller; und wiederum später ein waschechter Horrorfilm, mit einem Schuss Sozial- und Gesellschaftskritik. Shyamalan übertrumpft in seiner Mannigfaltigkeit seine bisherigen Werke um ein Vielfaches. Und dennoch erreicht er qualitativ nicht die Genialität eines „The Sixth Sense“, die Symbolhaftigkeit eines „Unbreakable“, oder die Beklommenheit eines „Signs“.
Und gegen Ende, wenn man sich als Zuschauer schon im Gewissen wähnt, was den Schluss der Geschichte angeht, so hält Shyamalan dem Zuschauer eine weitere unerwartete Wendung entgegen, welche den Film - nach dem 11. September - wie eine Parabel auf die Hoffnungslosigkeit und die ständige Angst vor einer unbekannten Bedrohung wirken lässt. Ein Film, der auf vielen verschiedenen Meta-Ebenen funktioniert, und vielleicht gerade deswegen nicht an seine bisherigen Werke heranreicht; denn im Gesamten gesehen, wirkt der Film mit all seinen Andeutungen und Symbolisierungen leicht überfrachtet; und die überraschenden Wendungen werden viel zu offensichtlich dargelegt.

7/10
 

Travis

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AW: The Village - Das Dorf

Vielen Dank für diese schöne und plausibel argumentierte Kritik. Was mich am meisten überrascht hat, war das von dir dennoch "nur" eine 7/10 kam. Denn bei knapp 6/10 landet der Film sogar bei mir, einem überzeugten Shyamalan-Skeptiker. Wohlgemerkt Skeptiker und nicht Hasser wie so manch andere, die von ihm dauernd Sixth Sense erwarten und hinterher meutern, daß er wohl nichts anderes kann. Doch für ganz so genial, wie manche unter euch, halte ich den sanften Inder dann auch wieder nicht. Er hat, meiner Meinung nach, immer wieder nette Ideen, deren Umsetzungen oftmals für meinen Geschmack durch ihre häufig so lethargische Erzählweise eine Menge ihres ursprünglichen Potentials verschenken. Sein Tiefpunkt war für mich "Signs". Langsam erzählt, die Darsteller wie unter Valium agierend und als dann die Aliens tatsächlich ins Spiel kommen geradezu peinlich lächerlich. Da war "The Village" geradezu wieder ein Quantensprung nach vorn. Eine außergewöhnliche Geschichte, hervorragende Ideen, ein stetig wechselnder Stimmungs- und Spannungsbogen. Alles sehr ordentlich umgesetzt und auch mit dem nötigen Zug umgesetzt. Wäre da dann nicht das Ende, daß für mich alles zerstört. Denn mal ganz ehrlich: Welcher Staat würde sich für ein derartiges Experiment oder Projekt eine derart kollosale Mühe geben? All die Vorkehrungen die hierfür notwendig wären ständen in keinerlei Verhältnis zu dem eventuellen Nutzen - für wen auch immer. Nein, tut mir leid, aber das Finale ist schon extrem ärgerlich an den Haaren herbeigezogen. Ich will hier nicht weiter ausholen, um nicht eventuell andere unnötig zu spoilern. Jeder der den Film gesehen hat, sollte auch so wissen was ich meine.
 

Travis

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AW: The Village - Das Dorf

Travis schrieb:
Was mich am meisten überrascht hat, war das von dir dennoch "nur" eine 7/10 kam. Denn bei knapp 6/10 landet der Film sogar bei mir, einem überzeugten Shyamalan-Skeptiker.
Nunja, ich zähle mich da doch schon eher zu den Shyamalan-Verehrern und ebenso kritisch gehe ich auch an seine Werke. "The Village" war dann bis dato sein vergleichsweise schlechtester Film. Ich sehe die 7 von 10 Punkten nun auch nicht als Vergleichswert zu diversen anderen Filmen wie "Daylight" (der absolut nicht vergleichbar, ja sogar definitiv schlechter als "The Village" ist) denen ich auch 7 Punkte gegeben hatte, sondern zu den anderen Shyamalan-Filmen, die qualitativ eben doch wesentlich ausgereifter und überzeugender sind als "The Village". Hier trifft die Bewertung von Filmen mit einem Raster von 1 bis 10 nun einmal an ihre Grenzen. Dennoch ist der Film mit 7 Punkten ja immer noch ein "guter Shyamalan"...

Er hat, meiner Meinung nach, immer wieder nette Ideen, deren Umsetzungen oftmals für meinen Geschmack durch ihre häufig so lethargische Erzählweise eine Menge ihres ursprünglichen Potentials verschenken.
Wobei ich seine langsame Erzählweise sogar als Pluspunkt sehe - Aber wiedereinmal: Absolute Geschmackssache...

Sein Tiefpunkt war für mich "Signs". Langsam erzählt, die Darsteller wie unter Valium agierend und als dann die Aliens tatsächlich ins Spiel kommen geradezu peinlich lächerlich. Da war "The Village" geradezu wieder ein Quantensprung nach vorn.
Hier muss ich widersprechen, denn "Signs" finde ich im direkten Vergleich zu "The Village" noch um einiges besser... wobei ein Review meinerseits zu "Signs" bald folgen wird...

Wäre da dann nicht das Ende, daß für mich alles zerstört. Denn mal ganz ehrlich: Welcher Staat würde sich für ein derartiges Experiment oder Projekt eine derart kollosale Mühe geben? All die Vorkehrungen die hierfür notwendig wären ständen in keinerlei Verhältnis zu dem eventuellen Nutzen - für wen auch immer. Nein, tut mir leid, aber das Finale ist schon extrem ärgerlich an den Haaren herbeigezogen. Ich will hier nicht weiter ausholen, um nicht eventuell andere unnötig zu spoilern. Jeder der den Film gesehen hat, sollte auch so wissen was ich meine.
Nunja, wobei hier natürlich nicht so sehr die logische, als vielmehr die politische Aussage im Vordergrund stehen soll. Es handelt sich ja immer noch um einen Film, welcher mit Symbolen und Metaphern arbeitet... Aber natürlich kann ich verstehen, wenn der Schluss einigen dann doch etwas sauer aufstößt.
 

Travis

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AW: The Village - Das Dorf

Beitrag von Vince:

Ich sehe das exakt wie LivingDead (ofdb-Review gibts von mir auch, vielleicht stell ich's demnächst auch mal hier ein). Insgesamt imo schwächster Streifen Shyamalans - zumal ich die herbe Kritik an "Signs" nicht nachvollziehen kann. Das ist ein altmodisches Stück Hitchcock in einer viel zu schnell gewordenen Filmwelt. Grandios inszenierter Kammerspiel-Suspense, der sich als Kontrapunkt zu Blockbusterepen wie "ID-4" verstehen lässt. An der Auflösung bzw. ganzen Konstruktion scheiden sich die Geister, aber tatsächlich funktioniert Signs ja auch unabhängig davon.

Egal, das nur im Vergleich. "The Village" ist mir etwas zu künstlich, zu farblos. Die Dramaturgie ist nicht sehr ausgereift, obwohl die Farbsymbolik fantastisch ist (auch deutliche Parallelen zu Roegs "Wenn die Gondeln Trauer tragen") und eine Szene (der Messerangriff) ist schlichtweg brillant gefilmt. Handwerklich ohnehin wieder die absolute Oberklasse Hollywoods. Ich komme auch auf eine 7/10.
@Travis: Die Kritik am Ende verstehe ich nicht. Was hat denn der Staat damit zu tun? Die Gemeinschaft existiert doch vollkommen autark von der Restwelt. Eine andere Frage ist es, wie glaubwürdig es ist, dass eine solche Gesellschaft nicht entlarvt wird...
 

Travis

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AW: The Village - Das Dorf

Beitrag von LivingDead:

Vince schrieb:
Das ist ein altmodisches Stück Hitchcock in einer viel zu schnell gewordenen Filmwelt. Grandios inszenierter Kammerspiel-Suspense, der sich als Kontrapunkt zu Blockbusterepen wie "ID-4" verstehen lässt.
Schön, dass das jemand genau so sieht. Ich finde einfach, dass Shyamalan perfekt das Altmodische mit den Mysterien des Modernen verbindet. D.h. Aliens, Comics, Geister etc. bandagiert mit grundlegenden Themata wie Religion, Familie, Liebe...
Und deswegen finde ich es gar nicht mal so weit hergeholt, ihn als "modernen Hitchcock" zu bezeichnen... Auch wenn sich dabei viele Anhänger vor den Kopf gestoßen fühlen.

@Travis: Die Kritik am Ende verstehe ich nicht. Was hat denn der Staat damit zu tun? Die Gemeinschaft existiert doch vollkommen autark von der Restwelt. Eine andere Frage ist es, wie glaubwürdig es ist, dass eine solche Gesellschaft nicht entlarvt wird...
Ich denke, dass er damit den Umstand meint, dass diese Gemeinschaft - rein aus der Logik betrachtet - gar nicht zustande kommen könnte. Und eben weil sie so autark von der Restwelt existiert, müssten Fluglinien umgeleitet und das ganze Territorium von der Außenwelt abgeschottet werden. Das würde wohl kein Staat mitmachen... wobei dies im Grunde auch nur eine Frage des Geldes wäre...

Aber ich finde das Ende funktioniert halt trotzdem hervorragend - wenn man nur eben die Logik ausklammert.
 

Travis

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LivingDead schrieb:
Ich denke, dass er damit den Umstand meint, dass diese Gemeinschaft - rein aus der Logik betrachtet - gar nicht zustande kommen könnte. Und eben weil sie so autark von der Restwelt existiert, müssten Fluglinien umgeleitet und das ganze Territorium von der Außenwelt abgeschottet werden. Das würde wohl kein Staat mitmachen... wobei dies im Grunde auch nur eine Frage des Geldes wäre...
Genau das hat er gemeint. Dank dir für das perfekte soufflieren.
Man hat dieser Gemeinschaft mitten in relativ bewaldeten Gebiet eine "verlorene Insel" geschaffen. Die Logistik die hierzu notwendig wäre, sprengt fast jede Dimension und funktioniert deshalb bei mir persönlich nicht. Wenn er das ganze Szenario wirklich auf eine abgeschiedene Insel verlegt hätte, wäre für mich das wesentlich plausibler gewesen. Ich bin in dieser Beziehung wohl ein zu nüchtern-rationaler Mensch. War schon immer mein Problem, daß ich mit Märchen nicht viel anfangen konnte. Bereits als Kind liebte ich lediglich "Einer der auszog das Fürchten zu lernen" und langweilte mich bei den meisten anderen Märchen. Ich war, wenn ich mich richtig entsinne, etwa 10 Jahre als ich das erste Mal Stokers "Dracula" und Shelleys "Frankenstein" gelesen habe und dort "meine" Märchenwelt erblickte. Ich weiß, in dieser Beziehung habe ich ganz klar eine Entwicklungsphase verpaßt, bzw. komplett übersprungen.

Gut möglich, daß dies die Ursache bei mir ist, daß ich mit Shyamalan nicht wirklich etwas anfangen kann und wir bei diesem Regisseur immer wieder komplett konträrer Meinung sein werden. Ist bei "Das Mädchen...." noch wesentlich extremer. Ihr beide seid von dem Film hellauf begeistert und mich hat er tödlich gelangweilt. Ich kann schon nachvollziehen, was euch am inszenatorischen Stil des Films so begeistert hat, für mich persönlich dieses Empfinden allerdings nicht aufbringen. Andererseits aber auch ganz gut. Wäre ja echt langweilig, wenn wir immer einhellig einer Meinung wären.
 

Alexboy

Filmvisionaer
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AW: The Village - Das Dorf

Ich bin in dieser Beziehung wohl ein zu nüchtern-rationaler Mensch. War schon immer mein Problem, daß ich mit Märchen nicht viel anfangen konnte. Bereits als Kind liebte ich lediglich "Einer der auszog das Fürchten zu lernen" und langweilte mich bei den meisten anderen Märchen. Ich war, wenn ich mich richtig entsinne, etwa 10 Jahre als ich das erste Mal Stokers "Dracula" und Shelleys "Frankenstein" gelesen habe und dort "meine" Märchenwelt erblickte.

Die Synchronizität in unserer Entwicklung finde ich bemerkenswert.
Dieses von dir namentlich erwähnte Märchen war auch mein absoluter Favorit mit 6/7 Jahren, wobei ich aber die anderen Märchen nicht als langweilig empfand, und die "ollen Kamellen" in der "Heiligen Schrift" auch noch ganz unterhaltsam.
Und mit dem 10 Lebensjahr wurde dann vom ersten Taschengeld - Dracula - erstanden.
Ich kann mich nicht erinnern, woher die damaligen Informationen stammten, aber in kürzester Zeit wußte ich über alle Filme und Bücher die sich mit ähnlichen Themen beschäftigten bescheid, und konsumierte alles, was in meinem damaligen Alter möglich war. Zusätzlich sprang ich auf den SciFi - Zug auf, der angefangen mit Perry Rhodan in meine Zukunft raste. Und die damalige deutsche Comic-Welt tat ein übirges, meine Phantasie zu bereichern.
Trotzdem bin ich nicht in dieser "Logik" gefangen, die dir scheinbar bei einigen Filmen sehr zu schaffen macht. - Alles ist möglich ( japanische Autofirma ) - lautete schon immer meine Devise, und alles mögliche war und ist für mich unterhaltsam.
Um zu diesem Film zurück zu kommen, der in diesem Thread besprochen wird:
Ich habe ihn beide Male als sehr unterhaltsam empfunden und die Atmosphäre mit den sehr überzeugenden Schauspielern genossen, auch wenn ich mir ein phantastischeres Ende gewünscht hätte! :bart:
 

Filmfan1972

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AW: The Village - Das Dorf

Nein, tut mir leid, aber das Finale ist schon extrem ärgerlich an den Haaren herbeigezogen. Ich will hier nicht weiter ausholen, um nicht eventuell andere unnötig zu spoilern. Jeder der den Film gesehen hat, sollte auch so wissen was ich meine.


Der Meinung bin ich auch. Die ganze Zeit über wird eine Spannung kontinuierlich aufgebaut um dann in so einem Ende zu gelangen. War damals auch etwas enttäuscht. Ist meiner Meinung nach ein Ende was dem Film überhaupt nicht gerecht wird. Überraschend auf jeden Fall....Aber halt auch "unpassend".
 

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AW: The Village - Das Dorf

Gerade mal wieder geguckt. Ich finde den Film klasse und auch das Ende finde ich nicht so schlecht, wie einige andere hier. Wir sind hier immerhin beim Film und da kann es eben fast nie realistische Enden geben. Und so an den Haaren herbeigezogen finde ich dieses Ende nicht.
Trotz erneuter Sichtung habe ich mich wieder gut unterhalten gefühlt und die Auflösung kam trotzdem wieder überraschend! Nach dem Film habe ich mir sogar alles Bonusmaterial angeguckt, was ich eigentlich nie direkt nach dem Film mache - wenn überhaupt. :)
 
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