Eine Dame verschwindet
Durch einen kleinen Unfall, kurz vor der Abreise im Interkontinentalzug, lernt Iris Henderson eine ältere Dame kennen. Doch diese ist nach kurzer Zeit spurlos verschwunden. Schlimmer noch, niemand der Anwesenden kann sich überhaupt an sie erinnern, obwohl es zahlreiche Begegnungen mit den Fahrgästen und dem Personal gab. Verliert Iris den Verstand oder findet hier gerade eine größer angelegte Verschwörung statt?
Tja, wem der Plot bekannt vorkommt ist schon mal auf der richtigen Spur. Vor einigen Jahren wurde die Geschichte in ähnlicher Form in "Flightplan" (Jodie Foster) verarbeitet. Dort verschwand ein kleines Mädchen im Flugzeug. Wer die Idee als etwas kreatives oder neues befand, sollte nun langsam umdenken. "Eine Dame verschwindet" ist nämlich 70 Jahre alt.
Meisterregisseur Alfred Hitchcock stellte diesen spannenden Thriller schon im Jahre 1938 fertig. Es ist einer der letzten Filme seiner britischen Phase, der außer Suspense, auch ein hohes Niveau im Komödiantischem bietet. Allerdings nicht soviel um den Spannungsbogen zu beeinträchtigen. Zudem sind einige herrliche Seitenhiebe auf Nazi-Deutschland klar erkennbar. Aber nicht nur die. Der englische Snobismus bekommt ebenfalls einiges ab, was einfach köstlich in Szene gesetzt wurde. Humor der fast nach einem Dreiviertel Jahrhundert immer noch funktioniert.
Die Geschichte findet zu 90% im Zug statt, weshalb durch den begrenzten Platz auch eine räumliche Spannung existiert, da man nunmal von Außen keine Hilfe anfordern kann. Wer steckt hier aber mit wem unter einer Decke? Wem kann man Vertrauen? Die Gefahr lauert an allen Ecken.
Hitchcock wollte unbedingt schnellstmöglich seinen Vertrag erfüllen, weshalb er um einen neuen Film bat und dieser Stoff war für ihn geradezu prädestiniert in dieser Phase seines Schaffens. Den Anfang im Hotel finde ich allerdings nicht durchgehend gelungen aber spätestens bei der Zugfahrt ist der Film absolute Spitzenklasse. Das Duo der Cricket-Fans, welches von Basil Radford und Naunton Wayne verkörpert wurde, kam beim Publikum so gut an, dass sie in diesen Rollen eine eigene Show bekamen. Tatsächlich gehören die Zwei auch zu den Highlights des Films. Aber auch Margaret Lockwood und Michael Redgrave bilden hier für mich ein sehr schönes Paar, das sehr viel Freude macht.
Technische Highlights sind hier im Besonderen die Rückprojektionen, die eine fantastische Illusion erzeugen, das der Zug wirklich fahren würde. Selbstverständlich ist auch hier wieder die Montage Trumpf. Für mich persönlich auch einer der schönsten Hitchcock Filme aus dieser Zeit, obwohl er gerade in dieser Phase eine Menge großartiger Werke fabriziert hat.