Der Glückspilz

Die wilde 13

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"Halt's Maul, Mama!"
Willie Gingrich


Der Glückspilz

Der mit allen Wassern gewaschene Rechtsverdreher Willie Gingrich (Walter Matthau) überredet seinen Schwager Harry Hinkle (Jack Lemmon), der nach einem recht harmlosen Zusammenstoß mit dem Footballer "Boom Boom" (Ron Rich) im Krankenhaus liegt, dessen Situation auszunutzen und mit einer Simulation schwerwiegender Verletzungen die Versicherung um eine Stange Geld zu bringen. Doch die Versicherung ist auch nicht von Gestern...

Billy Wilder brachte mit diesem Streifen 1966 das Paar Lemmon/Matthau zum ersten mal gemeinsam vor die Kamera und das Ergebnis ist mal wieder eine wunderbare Komödie voller köstlicher Seitenhiebe auf Gesellschaft und Institutionen.

Vor allem Walter Matthau macht sich einen Heidenspaß daraus, diesen gewissenlosen Winkeladvokat so herrlich durchtrieben und zynisch darzustellen, das er in der Lage ist, in jeder Situation das Beste für sich herauszuholen. Sobald er ins Geschehen eingreift, bleibt kein Auge trocken. Seine Kommentare (s.o.), seine Mimik und auch sein perfekt organisiertes Büro spiegeln jederzeit sein hämisches Weltbild wider. Ich sage nur "Sammeldose"... :lol:

Dem gegenüber fällt der Part Lemmons undankbarer aus, zumal er die meiste Zeit des Films "dank" Korsett und Rollstuhl zur Unbeweglichkeit verdonnert ist. Dennoch kann er stets seinen Gewissenskonflikt, der sich nicht nur auf den Betrug an sich beschränkt, sondern auch auf "Boom Boom", der widerum seinerseits von starken Schuldgefühle geplagt wird, auf den Punkt bringen. Hier seziert Wilder wunderbar, das eine Tat oder Handlung stets auch viele andere mit hineinzieht, an die man vorher nie gedacht hat oder auch unsägliche Oppoturnisten anzieht, die einen Stück vom Kuchen abhaben wollen - hier in Gestalt der Ex-Frau Hinkles. Natürlich bekommen auch Versicherungen, Privatdetektive und vor allem die unsägliche Verklagungsmentalität (Geldgier) der Amis ihr Fett weg.

Was leider etwas fehlt ist die Dynamik und eine rechte Spannung, wie die Sache denn für alle Beteiligten nun ausgeht, kommt auch nicht so richtig auf. Die Handlung plätschert vor allem im Mittelteil zu behäbig vor sich hin und nur Dank Matthaus exzellenter Spielfreude (verdienter Oscar als bester Nebendarsteller!) bleibt man neugierig und "auf Sendung". Für eine Komödie von Billy Wilder erwartet man dann da doch etwas mehr Esprit. Da macht sich die 2-stündige Spieldauer leider etwas negativ bemerkbar.

Nichtsdestotrotz ist Der Glückspilz (müsste eigentlich Der Glückskeks heißen...) eine intelligente Komödie mit tollen Darstellern und dem typischen Wilder-Touch, der die meisten heutigen Komödien locker in die Tasche steckt.

8/10
 

Louis Cyphre

Filmgott
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AW: Der Glückspilz

Sehr gute Kritik.
Ist leider schon ewig her, das ich ihn gesehen habe. Ist aber unter sehr gut gespeichert.
Wollte den schon länger mal wieder schauen. Nur leider war mit der Titel entfallen.
Aber jetzt steht dem Filmvergnügen ja nix mehr im Wege. Dank meiner Lieblingsente :kiss:
 

Tarantino1980

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Endlich habe ich auch diesen Billy Wilder Film gesehen! Der Mann hatte einfach ein Gespür gute Filme zu drehen!

Billy Wilder brachte mit diesem Streifen 1966 das Paar Lemmon/Matthau zum ersten mal gemeinsam vor die Kamera und das Ergebnis ist mal wieder eine wunderbare Komödie voller köstlicher Seitenhiebe auf Gesellschaft und Institutionen.

Man merkt hier einfach das die Chemie zwischen den Beiden absolut genial war! Eins der besten Filmduos die es je gab und dann noch in einem Billy Wilder Film, das kann nur gut gehen. Ich wurde auch nicht enttäuscht!

Vor allem Walter Matthau macht sich einen Heidenspaß daraus, diesen gewissenlosen Winkeladvokat so herrlich durchtrieben und zynisch darzustellen, das er in der Lage ist, in jeder Situation das Beste für sich herauszuholen. Sobald er ins Geschehen eingreift, bleibt kein Auge trocken. Seine Kommentare (s.o.), seine Mimik und auch sein perfekt organisiertes Büro spiegeln jederzeit sein hämisches Weltbild wider. Ich sage nur "Sammeldose"... :lol:

Walter Matthau war hier einfach genial! Sein Spiel war absoulut Oscar würdig! Von daher vollkommen zurecht gewonnen. Er hätte nur in der Kathegorie Hauptdarsteller nominiert werden sollen, da er für mich den Film wirklcih absolut getragen hat. Von der ersten Szene in der er auftauchte war mir klar das es eine grandiose Leistung von ihm war. Einfach unglaublich wie "abgewichst" er den Schwager/Anwalt von Harry Hinkel gespielt hat, der sofort Geld roch, als die besorgte Mutter und Schwester von der Kindheitserinnerung mit dem missglückten "Falschirmsprung" vom Garagendach erzählten.

Generell der ganze Verlauf wie er den hochdekorierten Anwälten immer wieder zeigte was er drauf hat. Einfach köstlich diese Szenen!

Was leider etwas fehlt ist die Dynamik und eine rechte Spannung, wie die Sache denn für alle Beteiligten nun ausgeht, kommt auch nicht so richtig auf. Die Handlung plätschert vor allem im Mittelteil zu behäbig vor sich hin und nur Dank Matthaus exzellenter Spielfreude (verdienter Oscar als bester Nebendarsteller!) bleibt man neugierig und "auf Sendung". Für eine Komödie von Billy Wilder erwartet man dann da doch etwas mehr Esprit. Da macht sich die 2-stündige Spieldauer leider etwas negativ bemerkbar.

Ich denke auch hätte der Film nur eine Laufzeit von 90-100 Minuten gehabt, wäre er vielleicht etwas "straffer" geworden. Andererseits mag ich diese Art von Billy Wilder, das er manche seiner Filme einfach so enden ließ ohne große Auflösung. War ja bei Manche mögen´s heiß nicht anders, nur das bei dem Film die von Dir angesprochene Dynamik vorhanden war und es dadurch eine typische Billy Wilder Komödie ist.

Nichtsdestotrotz ist Der Glückspilz (müsste eigentlich Der Glückskeks heißen...) eine intelligente Komödie mit tollen Darstellern und dem typischen Wilder-Touch, der die meisten heutigen Komödien locker in die Tasche steckt.
8/10

Genau so ist es! Ich wünschte solche Komödien würde es heutzutage noch geben. Wieviele Komödien habe ich mir in den letzten Jahren angeschaut und mich gefragt ob es verschwendete Lebenszeit war, oder warum kaum ein Regisseur noch inovativ in diesem Genre ist. Es gibt Ausnahmen, die sind aber sehr selten! Die meisten basieren doch eher auf dem aktuellen "Hollywood Erfolgsrezept". Man nimmt mindestens zwei derzeit aktuelle Darsteller, entweder zwei Männer mit Gegensätzen oder einen Mann oder eine Frau wenn es richtung RomCom gehen soll und schon hat man genug "Material" um eine durchschnittliche Story in eine lieblose Inszenierung zu packen um es dem durchschnittlichen Kino Publikum als neue "Meisterkomödie" zu verkaufen.

Aber Der Glückspilz stammt einfach noch aus der guten alten Hollywood Ära, wo sich nicht nur Regisseure etwas getraut haben, sondern man auch allen Akteuren die Leidenschaft ansah!

Wertung: 8/10
 

Willy Wonka

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Nachdem ich vor kurzem „Ein seltsames Paar“ zum ersten Mal und dann auch noch gleich im Kino gesehen habe, musste ich mir ein paar Tage später die erste Kollaboration von Walter Matthau und Jack Lemmon ansehen und zum Glück hatte ich schon seit Jahren „Der Glückspilz" ungesehen in der Sammlung.

Im direkten Vergleich ist „Der Glückspilz“ aber zahmer und nicht so lustvoll wie „Ein seltsames Paar“. Generell bot letzter mehr Lacher, was aber vielleicht auch dadurch verzerrt wird, dass ich „Ein seltsames Paar“ im Kino mit Publikum gesehen haben, die sich ebenfalls köstlich amüsierten, und „Der Glückspilz“ nur zu zweit Zuhause geschaut habe.

Was leider etwas fehlt ist die Dynamik und eine rechte Spannung, wie die Sache denn für alle Beteiligten nun ausgeht, kommt auch nicht so richtig auf. Die Handlung plätschert vor allem im Mittelteil zu behäbig vor sich hin und nur Dank Matthaus exzellenter Spielfreude (verdienter Oscar als bester Nebendarsteller!) bleibt man neugierig und "auf Sendung". Für eine Komödie von Billy Wilder erwartet man dann da doch etwas mehr Esprit. Da macht sich die 2-stündige Spieldauer leider etwas negativ bemerkbar.

Dieser Punkt ist mir auch aufgefallen. Die Handlung plätschert ein wenig behäbig vor sich hin und eine Spannung, wie die Geschichte wohl ausgehen mag, war auch nicht wirklich existent.

Andererseits haben sich ältere Filme für die Narration und bestimmten Handlungen mehr Zeit genommen und für heutige Sehgewohnheiten kann das durchaus behäbig wirken, weil wir es mittlerweile anderes gewohnt sind. Ich frage mich dann häufig, ob es die damaligen Zuschauer auch schon als behäbig und langsam angesehen haben oder ob es wirklich nur auf unsere veränderten Sehgewohnheiten zurückzuführen ist. Dieser Punkt ist mir erst gestern bei „Erdbeben!“ aufgefallen, wo es fast eine Stunde dauerte bis die titelgebende Katastrophe eingetreten ist.

Walter Matthau war hier einfach genial! Sein Spiel war absoulut Oscar würdig! Von daher vollkommen zurecht gewonnen. Er hätte nur in der Kathegorie Hauptdarsteller nominiert werden sollen, da er für mich den Film wirklcih absolut getragen hat. Von der ersten Szene in der er auftauchte war mir klar das es eine grandiose Leistung von ihm war. Einfach unglaublich wie "abgewichst" er den Schwager/Anwalt von Harry Hinkel gespielt hat, der sofort Geld roch, als die besorgte Mutter und Schwester von der Kindheitserinnerung mit dem missglückten "Falschirmsprung" vom Garagendach erzählten.

Nach dem Film habe ich noch kurz bei Wikipedia reingeschaut und musste erstaunt feststellen, dass Walter Matthau für seine Leistung mit einem Oscar ausgezeichnet worden ist. Ich hätte nicht damit gerechnet, da er zwar gut gespielt hat, aber seine Rolle eben nicht die typischen Charakteristiken einer „oscarwürdigen“ Rolle besaß. Zudem wäre die Kategorie Hauptdarsteller auch wesentlich zutreffender gewesen, auch wenn rein vom Aufbau der Geschichte Jack Lemmon im Zentrum stand, dieser aber im Vergleich zu Matthau aber wesentlich passiver agierte und damit meine ich nicht seine körperliche Einschränkung seiner Rolle, sondern das bewusste Vorantreiben der Handlung.

Genau so ist es! Ich wünschte solche Komödien würde es heutzutage noch geben. Wieviele Komödien habe ich mir in den letzten Jahren angeschaut und mich gefragt ob es verschwendete Lebenszeit war, oder warum kaum ein Regisseur noch inovativ in diesem Genre ist. Es gibt Ausnahmen, die sind aber sehr selten! Die meisten basieren doch eher auf dem aktuellen "Hollywood Erfolgsrezept". Man nimmt mindestens zwei derzeit aktuelle Darsteller, entweder zwei Männer mit Gegensätzen oder einen Mann oder eine Frau wenn es richtung RomCom gehen soll und schon hat man genug "Material" um eine durchschnittliche Story in eine lieblose Inszenierung zu packen um es dem durchschnittlichen Kino Publikum als neue "Meisterkomödie" zu verkaufen.

Es gibt schon einen Unterschied im Komödien-Genre in den letzten Jahrzehnten. Dennoch waren es damals ebenso Komödien, die nach Rezept produziert worden sind und die Studios haben damals ebenso auf das Bedürfnis des Publikums reagiert. Nicht umsonst gab es nach „Der Glückspilz" so viele weitere Zusammenarbeiten zwischen Matthau und Lemmon, die in den anderen Filmen ähnliche Stereotype verkörperten. Es war also auch ein Schema bzw. ein Rezept, dass man immer wieder angewandt hat.
 

Tarantino1980

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Nachdem ich vor kurzem „Ein seltsames Paar“ zum ersten Mal und dann auch noch gleich im Kino gesehen habe, musste ich mir ein paar Tage später die erste Kollaboration von Walter Matthau und Jack Lemmon ansehen und zum Glück hatte ich schon seit Jahren „Der Glückspilz" ungesehen in der Sammlung.

Freut mich das Du beide Filme gesehen hast! :hoch:

Im direkten Vergleich ist „Der Glückspilz“ aber zahmer und nicht so lustvoll wie „Ein seltsames Paar“. Generell bot letzter mehr Lacher, was aber vielleicht auch dadurch verzerrt wird, dass ich „Ein seltsames Paar“ im Kino mit Publikum gesehen haben, die sich ebenfalls köstlich amüsierten, und „Der Glückspilz“ nur zu zweit Zuhause geschaut habe.

Im direkten Vergleich ist Der Glückspilz natürlich nicht so genial wie Ein seltsames Paar. Dieser stellt für mich einfach den Höhepunkt dieses Duos dar.


Es gibt schon einen Unterschied im Komödien-Genre in den letzten Jahrzehnten. Dennoch waren es damals ebenso Komödien, die nach Rezept produziert worden sind und die Studios haben damals ebenso auf das Bedürfnis des Publikums reagiert. Nicht umsonst gab es nach „Der Glückspilz" so viele weitere Zusammenarbeiten zwischen Matthau und Lemmon, die in den anderen Filmen ähnliche Stereotype verkörperten. Es war also auch ein Schema bzw. ein Rezept, dass man immer wieder angewandt hat.

Natürlich wurden Komödien damals schon nach gewissen "Erfolgsrezepten" konzepiert und es gab auch einige Sterotypen, wie man alleine an den vielen Rock Hudson bzw. Doris Day Filmen sehen kann. Aber was ich damit sagen wollte ist einfach, das mir das Erfolgsrezept dieser Filme bzw. um mal wieder beim Thema zu bleiben die Rezepturen von Billy Wilder viel besser gefallen als die aktuellen Komödien. Es gibt nur sehr selten ausnahmen die mich überzeugen.

Aber es spricht hier auch der absoluter Fanboy aus mir da ich definitiv eine Leidenschaft für die klassischen Komödien habe und es soviele Filme aus dieser Zeitepoche gibt die ich richtig vergöttere, da sie einfach noch lustig waren ohne Fäkahl Humor und ohne sich über Minderheiten oder ähnliches lustig machen zu müssen.
 
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