Der Barbar und die Geisha

Willy Wonka

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Der Barbar und die Geisha

Im Jahre 1856 reiste Towsend Harris (John Wayne) als erster amerikanischer Botschafter nach Japan, um den Shōgun zu überzeugen, dass Japan sich nicht mehr von der restlichen Welt isolieren, sondern stattdessen auch ein Mitglied der Vereinten Nationen werden soll. Die Handlung des Films beruht auf einer wahren Begebenheit und die Drehbuchautoren haben darauf verzichtet viele historische Dinge zu ändern.

Die Dreharbeiten des Films fanden vollständig in Japan statt, was mehrere Schwierigkeiten hervorgerufen hat. Zunächst gab es Probleme für die Auswahl der Drehorte, da Japan sich aus technischer Hinsicht massiv veränderte, aus diesem Grund war kaum noch eine Landschaft frei von Strommasten oder anderen architektonischen Veränderungen. Schlussendlich fanden die meisten Aufnahmen in dem kleinen Fischerdorf Kawana in der Nähe von Tokio sowie in Kyoto statt. Eine Vielzahl der japanischen Statisten waren ortsansässige Fischer, welche während der Dreharbeiten ihren Beruf keinesfalls zurückstellen wollten, sodass es des Öfteren Verzögerungen bei den Dreharbeiten gab, was zur Folge hat, dass die Drehzeit knapp 100 Tage beanspruchte.
Mit Kosten von knapp 3,5 Millionen US-Dollar gehörte der Film zum damaligen Zeitpunkt zu den teuersten Filmen, welche im Ausland realisiert worden sind, und John Wayne hatte mit 666.666 US-Dollar einer der höchsten Gagen inne.

Doch werden einem diese ganzen Hintergrundinformationen im Film selbst gewiss?

Zunächst wird einem im Film ersichtlich, dass Regisseur John Houston sehr akribisch die Landschaftsaufnahmen und die Darstellung der japanischen Kultur rekonstruierte. Der Film kleidet die fremde Kultur nicht in Kitsch oder Pathos, sondern versucht authentisch ein Bild der für uns fremden Kultur einzufangen. John Wayne in der Rolle des Harris bildet in dieser Hinsicht eine Ausnahme, da es sich dem aufrechten und konservativen Amerikaner handelt, den Wayne schon oft darstellte, aber genau dieser gegensätzliche Charakter soll die Verschiedenheit der beiden Nationen am deutlichsten illustrieren. Wayne selbst sah sich fehlbesetzt, aber Regisseur Houston intendierte genau diesen kontrastreichen Unterschied, um so die Einsamkeit von Harris, welcher beinahe auf sich allein gestellt ist, abzubilden.

Die Geschichte ist interessant, erzeugt aber wenig Spannung und vor allem innerhalb der Dramaturgie hat der Film Schwächen aufzuweisen, welche ich gar nicht genau wörtlich zu erfassen vermag. So hätten die Charaktere noch detaillierter und intensiver ausgearbeitet werden können und die Dialoge zwischen den fremden Kulturen hätten meiner Meinung nach zum Teil ausschweifender ausfallen können. Houstons Ziel war es einen authentisch japanischen Film zu inszenieren, welcher den japanischen Filmen in Tempo, Farbgestaltung, Dramaturgie und Narration gleichen sollte. Doch das Studio 20th Century Fox wollte kein zu großes Wagnis eingehen und hat den Film mehrmals vor dem Kinostart umgeschnitten und verändert, sodass sich Houston soweit vom Film distanzieren wollte, dass nicht einmal mehr sein Name in den Credits auftauchen sollte. Leider werden wir die ursprünglich intendierte Version von Houston vermutlich nie mehr zu Gesicht bekommen und müssen mit dieser vom Studio favorisierten Fassung Vorlieb nehmen.
Doch trotz der Änderungen differenzierte sich der Film weiterhin von vielen anderen Hollywood-Vertreten seiner Zeit, was vor allem am Drehort Japan liegt.

Liebhaber des historischen Films und zwar in zweifacher Hinsicht (klassisches Hollywoodkino der 1950er Jahre und Behandlung eines historischen Themas) können gewiss einen Blick riskieren.
 
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